Das andere Tessin |
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Thomas Schmid, Berliner Zeitung, 15.02.2014
In der italienischsprachigen
Schweiz war die Zustimmung zur Volksinitiative „Gegen Masseneinwanderung“ am
höchsten. Weshalb bloß?
Es gibt das Tessin der tiefblauen Seen, der glasklaren
Flüsse, der Kastanienwälder und der malerischen Bergnester mit ihren Häusern
aus schwerem grauen Granit, das Tessin, wo man unter der Pergola zum
Formaggino, dem süßlichen Käse, einen Nostrano trinkt, den lokalen Rotwein -
serviert im traditionellen Boccalino, dem kleinen Weinkrug. Es ist das Tessin,
das sich dem Fremden als „Sonnenstube der Schweiz“ anpreist, als
Urlaubsparadies. Und es gibt das andere Tessin. Es gibt Stabio.
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Gefahr für den Apfelbaum |
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Thomas Schmid, Berliner Zeitung, 04.02.2014
Am
Sonntag stimmen die Eidgenossen über eine Begrenzung der Zuwanderung
ab. Zur Debatte steht das Verhältnis zwischen der Schweiz und der
Europäischen Union.
Zürich. Der Mann steht breitbeinig in der Landschaft. Die Ärmel hat er
hochgekrempelt. Man sieht seine kräftigen Armmuskeln. Über dem Kopf hält
er mit beiden Händen eine Axt. Sie wird gleich mit Wucht hinuntersausen
und eine weitere Kerbe in den Stamm schlagen. "Der Holzfäller" ist das
bekannteste Werk des Schweizer Malers Ferdinand Hodler. Kaum ein
Eidgenosse, der das 1910 entstandene Bild nicht kennt. Jetzt holt der
Holzfäller auf Plakaten und in Zeitungsinseraten wieder zum Schlag aus.
Wird auf Hodlers Bild aber ein hoher Baum gefällt, von dem nur der lange
Stamm sichtbar ist, setzt der Mann nun zum finalen Schlag gegen einen
Apfelbaum an, der pralle rote Früchte trägt.
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Die Putzfrau und der Vorstandschef |
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Thomas Schmid, Berliner Zeitung, 07.11.2013
Die Schweizer stimmen demnächst über eine Volksinitiative der Jungsozialisten ab. Diese wollen die Gehaltsschere in einem Unternehmen auf maximal 1:12 reduzieren
BADEN. Wenn
die Topmanager dem Land den Rücken kehren und Unternehmer Niedriglohnjobs ins
Ausland verlagern, wenn die Arbeitslosigkeit steigt, das Masseneinkommen sinkt
und die Schweiz schließlich - so die Unkenrufe - zum Nordkorea Europas
verkommt, dann ist in erster Linie er schuld: Cédric Wermuth. Der 27-jährige
Sozialdemokrat, als Student vor zwei Jahren ins Parlament gewählt, ist zum
Enfant terrible der konservativen Parteien, der Unternehmerverbände und der
Banken avanciert. Er gilt als der geistige Vater der 1:12-Initiative, über die
die Eidgenossen am 24. November abstimmen werden.
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Die geraubten Jahre |
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Thomas Schmid, Berliner Zeitung, 10.04.2012
Sie wurden geschlagen, gedemütigt und missbraucht. Zehntausende
von Schweizern mussten in ihrer Jugend wie Leibeigene auf
Bauernhöfen schuften. Nach langem Schweigen verlangen die
ehemaligen Verdingkinder nun Wiedergutmachung.
BERN. Es ist ein
erhabenes Panorama. Am Horizont leuchten Eiger, Mönch und
Jungfrau, das majestätische Dreigestirn der Berner Alpen. Föhnlage
herrscht, der Fallwind sorgt für klare Fernsicht. Die verschneiten
Berge, scharf konturiert, sind zum Greifen nahe, davor zieht sich eine
sanfte Hügellandschaft dahin. "Dort", sagt Hugo Zingg und zeigt
auf den grünen Streifen vor dem strahlenden Weiß, "dort liegt das
Gürbetal.
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Heimatbilder |
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Thomas Schmid, Berliner Zeitung, 13.10.2011
Vor den Schweizer Nationalratswahlen
machen die Rechtspopulisten mobil gegen Einwanderer. In einem kleinen
Dorf aber werden sie als Nachbarn aufgenommen – und eingebürgert.
Saftige Wiesen, fette Kühe, sanfte Hügellandschaft. Klischee und
Realität stimmen überein. Das Appenzell, im Osten der Schweiz gelegen,
in Deutschland vor allem wegen seines Hartkäses bekannt, ist ein Ort der
Harmonie. Hier scheinen die Uhren langsamer zu ticken als anderswo, und
den Appenzellern eilt der Ruf voraus, etwas langsamer zu begreifen als
andere Menschen, hinterwäldlerisch zu sein. Nicht ganz zu unrecht.
Immerhin haben sie als letzte Eidgenossen den Frauen das Wahlrecht
zugebilligt, im Jahr 1989 war das.
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Flieger, grüß mir die Sonne |
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Thomas Schmid, Berliner Zeitung, 14.05.2011
Psychiater, Abenteurer, Visionär - der Schweizer Bertrand
Piccard schickt sein Solarflugzeug auf eine Reise in die Zukunft. Erste
Station ist Brüssel
PAYERNE. Langer, schlanker Rumpf, zarte, zerbrechliche Flügel,
federleicht. Wie eine riesige Libelle steht die silbergraue "Solar
Impulse" in einem Hangar bei Payerne, der wichtigsten Basis der
Schweizer Luftwaffe. Und vor dem Flugzeug, das mit einer Spannweite von
63,4 Metern so ausgreifend wie ein Airbus A-340 ist, hält der Mann eine
Rede, der als erster ohne Kerosin, nur mit der Energie, die die Sonne so
reichlich spendet, die Erde umrunden will: Bertrand Piccard.
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Allein unter Ladys |
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Thomas Schmid, Berliner Zeitung, 19.02.2011
Der Schweizer Unternehmer René Mägli stellt in seiner Reederei
ausschließlich Frauen ein. Er habe keine Mission, sagt er. Es gehe ihm
nur um den Profit
BASEL. Den Rahmen steckt er gleich zu Beginn des Gesprächs ab.
"Aus meinem Privatleben werde ich Ihnen nichts erzählen", sagt René
Mägli entschieden, aber in durchaus freundlichem Ton, "für eine
Homestory bin ich nicht zu haben, da sind Sie an der falschen Adresse."
Einladungen zu Talkshows lehnt der heiß begehrte Mann grundsätzlich ab.
Man kann sich Mägli, der seine Worte sorgfältig abwägt und geduldig
zuhören kann, in einer Fernsehrunde, wo jeder jedem ins Wort fällt, in
der Tat schlecht vorstellen. Auch für Konferenzen wird er oft angefragt.
"Das schlage ich immer aus", sagt er trocken, "mein Job ist ein
anderer, ich bin Geschäftsführer."
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