Portugal
Der tolerierte Rausch PDF Drucken
Thomas Schmid, Berliner Zeitung, 19.04.2013


Portugal hat vor zwölf Jahren den Konsum weicher wie harter Drogen entkriminalisiert - der beachtliche Erfolg spricht für den Schritt.

LISSABON. Seine Wangen sind hohl, der Blick unruhig, die Hose zerfetzt. Der junge Mann stellt seinen Rucksack vor sich hin, bückt sich umständlich und nestelt die Schnüre auf. Dann kramt er bedächtig Spritzen hervor, zählt: "Eins, zwei, drei... vierundzwanzig, fünfundzwanzig." 25 gebrauchte Spritzen wirft er in den Plastikeimer, den ihm Diana hinhält. 25 neue, steril verpackte Spritzen händigt ihm Telma aus. "Wie geht's, Jorge? Alles in Ordnung?", fragt sie. "Ja, ja", nuschelt der Angesprochene und lächelt verlegen, "wie's halt so geht, man hat's nicht leicht." Er steht da mit offenem Mund und verzieht sein Gesicht zur Grimasse. Sein Gebiss bedürfte einer Generalüberholung.

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Diesseits von Afrika PDF Drucken

Thomas Schmid, Berliner Zeitung, 06.04.2013


In einem afrikanischen Viertel in Lissabon will eine Bürgerinitiative zeigen, dass ein anderes Leben möglich ist.


COVA DA MOURA. Es ist ein bunter Flecken inmitten grauer Vorstadtsiedlungen. In der engen Gasse brät eine Frau über einem Gaskocher Sardinen. Sie ist in ein farbiges afrikanisches Gewand gehüllt. Auf dem kleinen Holztisch vor ihr türmen sich Mangofrüchte und Maniokwurzeln. Ein junger Mann mit Dreadlocks lehnt lässig an der Mauer und zieht an einem Joint - auch er von schwarzer Hautfarbe wie auch die Kinder, die da, wo sich die Gasse zu einem kleinen Platz erweitert, Fußball spielen.

Über dem mit Lappen markierten Tor zeigt ein riesiges Wandgemälde einen Mann mit akkurat gestutztem Bart

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Wir wollen unser Leben zurück PDF Drucken

Thomas Schmid, Berliner Zeitung, 05.10.2012


Portugal muss sparen, um die Auflagen der EU zu erfüllen. Aber gerade das Sparen macht das Land kaputt. Deswegen regt sich Widerstand.

LISSABON. Bougainvilleen leuchten an jahrhundertealtem grauem Gemäuer. Eine klapprige Straßenbahn zuckelt den Berg hinauf. Durch das Labyrinth enger Gassen zieht der Duft gebratener Sardinen. Nirgends ist Lissabon schöner und romantischer als in der Alfama, dem maurisch geprägten Fischerviertel über dem Tejo, dem Fluss, der sich hier zum Meeresarm weitet. Es ist eine verwunschene Welt, von der ein seltsamer Zauber ausgeht, vor allem am Abend. Dann durchbrechen die klagenden Melodien des Fado die Stille: Lieder von Sehnsucht und Liebe, von Trauer und der Weite des Meeres, von verlorenen Welten und dem mühseligen Alltag. Fado ist das portugiesische Wort für Schicksal, Verhängnis. Der Grundtenor des Fado-Gesangs ist Schmerz.

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Der Blick in die Welt, Thomas Schmid