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Der Kreml meldet sich in der Karibik zurück PDF Drucken
Thomas Schmid, Berliner Zeitung, 01.08.2009

Die Russen kehren nach Kuba zurück - mit 150 Millionen Dollar. Ein Abkommen über einen Kredit in dieser Höhe wurde in Havanna vom russischen Vizepremier Igor Setschin unterzeichnet. Mit dem Geld soll Kuba russische Land- und Baumaschinen kaufen, und es muss den Betrag innerhalb von neun Jahren samt einem Zins von sieben Prozent zurückerstatten.



Es gab Zeiten, da waren die Russen weniger auf wirtschaftlichen Eigennutz bedacht. In den Achtzigerjahren importierte Kuba zu Spottpreisen Rohöl aus der Sowjetunion und exportierte es zu Weltmarktpreisen. Damit verdiente die Zuckerinsel mehr als mit der Ausfuhr von Zucker. Der Kreml alimentierte den kommunistischen Staat vor der Küste Floridas nach Kräften. Als die Sowjetunion kollabierte und die großzügigen Subventionen ausblieben, gingen in Kuba buchstäblich die Lichter aus.

Inzwischen hat Kuba dank Devisen aus dem Massentourismus und dank der Überweisungen der Exilkubaner die schlimmste Zeit hinter sich. Doch strukturell sind die Probleme nicht gelöst. Im vergangenen Jahr musste die Insel über 80 Prozent ihres Nahrungsmittelbedarfs durch Importe decken. Allein aus den USA wurden Agrarprodukte im Wert von etwa 800 Millionen Dollar eingeführt. Zwar hat US-Präsident Barack Obama vor wenigen Tagen wiederholt, er werde das Embargo erst aufheben, wenn sich die Menschenrechtslage in Kuba entscheidend verbessere. Doch für die mächtigen US-Farmer gilt das Verbot, nach Kuba zu exportieren, schon lange nicht mehr.

Raúl Castro, der faktisch vor drei Jahren die Macht von seinem Bruder übernommen hat, rückte die Krise der Versorgung mit Nahrungsmitteln ins Zentrum seiner Wirtschaftspolitik. Im Jahr 2007 lag etwa die Hälfte des bebaubaren staatlichen Landes brach. So ließ das Regime im vergangenen Jahr 69 000 Hektar Land, das sind 39 Prozent des unbebauten Landes, an Privatbauern und Genossenschaften zuteilen. Am vergangenen Sonntag, dem Nationalfeiertag Kubas, verkündete Castro, dass nur auf einem Drittel des zugeteilten Landes überhaupt gesät wurde. Da könnten nun die Land- und Baumaschinen aus Russland für eine Besserung sorgen.

Doch das allein hilft nur bedingt. In Kuba leben inzwischen 80 Prozent der Menschen in den Städten. Und zumindest in der Millionenstadt Havanna verdient ein Schwarztaxifahrer, ein Kellner eines internationalen Restaurants oder ein Verkäufer geschmuggelter Cohiba-Zigarren in US-Dollars oft an einem Tag so viel wie ein Arbeiter, der in nicht konvertiblen kubanischen Pesos bezahlt wird, in einem Monat. Die Lust auf dem Land zu arbeiten, wo nur Pesos verdient werden, hält sich in Grenzen.

Neben dem Devisenmangel, verschärft durch die immensen Nahrungsmittelimporte, kämpft Kuba vor allem mit einem Energiedefizit. Die Importe von Erdöl aus Venezuela sind im ersten Halbjahr 2008 aufgrund der Krise etwa auf die Hälfte des letzten Halbjahrs 2008 gesunken. Eine dank russischer Land- und Baumaschinen steigende Agrarproduktion braucht aber auch mehr Diesel. Die Lösung könnte in den kubanischen Gewässern des Golfs von Mexiko liegen. Dort wurden riesige Erdölfelder geortet. Der Kreml will auch hier helfen. Kuba, das über das Know-how der Exploration und Förderung nicht verfügt, hat mit dem staatlichen russischen Ölkonzern Sarubeshneft bereits eine Vereinbarung über eine Zusammenarbeit paraphiert.

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Der Blick in die Welt, Thomas Schmid