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Panthersprung nach Agadir PDF Drucken
Thomas Schmid, Berliner Zeitung, 02.07.2011


Vor hundert Jahren ging ein deutsches Kanonenboot in Marokko vor Anker. Die Provokation endete in einer politischen Niederlage und beflügelte jene, die den großen Krieg wollten.


Das deutsche Kanonenboot "SMS Panther" war an der ostafrikanischen Küste gegen arabische Sklavenhändler im Einsatz gewesen. Es hatte das Kap der Guten Hoffnung umrundet und befand sich vor Senegal, als sein Kommandant, Korvettenkapitän Behnisch, über Funk Order erhielt, am 1. Juli 1911 in der südmarokkanischen Hafenstadt Agadir vor Anker zu gehen. Mit nur zwei Schnellladekanonen und sechs Revolverkanonen bestückt, wirkte die "Panther" nicht sonderlich bedrohlich. Allenfalls mochten die neunköpfige Blaskapelle und die Kriegsflagge des Deutschen Reiches Einheimische beeindrucken.

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Sieben Morde und ein Rätsel PDF Drucken

Thomas Schmid, Berliner Zeitung, 18.12.2010


Der Film "Von Menschen und Göttern" berichtet vom Leben der sieben französischen Mönche, die 1996 in Algerien umgebracht wurden. Wer aber waren die Mörder? Wer gab den Auftrag?


Der französische Präsident war erschüttert. Der Fall Tibhirine werde nun Chefsache, versprach Nicolas Sarkozy Anfang Oktober. Zusammen mit seiner Frau Carla Bruni hatte er sich im Elysée-Palast Xavier Beauvois' preisgekrönten Film "Von Menschen und Göttern" angeschaut, der das Drama der Entführung und Ermordung von sieben französischen Mönchen in Algerien aufgreift und in dieser Woche in Deutschland angelaufen ist. Es ist ein Spielfilm. Aber der Drehbuchautor orientierte sich an der realen Geschichte: Im Kloster in Tibhirine, zwei Autostunden von der algerischen Hauptstadt entfernt, lebten 1996 sieben französische Trappistenmönche ein friedliches, asketisches Leben, in Eintracht mit der muslimischen Bevölkerung des Ortes, bis sie vom Krieg eingeholt wurden. Im Abspann des Filmes heißt es knapp: "Die Identität ihrer Mörder und die Umstände ihres Todes bleiben ein Rätsel."

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Messias und Despot PDF Drucken

Thomas Schmid, Berliner Zeitung, 11.12.201


Vor 20 Jahren wählte Haiti den Armenpriester Jean-Bertrand Aristide zum Präsidenten. Er wurde von der Macht geputscht und wieder gewählt. Doch das Regime des linken Befreiungstheologen endete in Chaos und Gewalt


Erdbeben, Cholera, Wirbelstürme, Überschwemmungen - und nun die Unruhen nach den manipulierten Wahlen. Auf Haiti scheint ein Fluch zu lasten. Kein Lichtstreifen am Horizont, keine Hoffnung. Das war nicht immer so. Vor 20 Jahren herrschte im Karibikstaat eine Aufbruchstimmung, die sich Haitianer heute kaum noch vorstellen können. Die meisten Haitianer glaubten, endlich dem Teufelskreis von Gewalt und Elend zu entkommen. Nach 30 Jahren Diktatur von François und Jean-Claude Duvalier - "Papa Doc" und "Baby Doc", während der mindestens 30000 Menschen ermordet wurden, und nach fünf weiteren Jahren Militärherrschaft war der Armenpriester Jean-Bertrand Aristide bei den ersten freien und fairen Wahlen des Landes am 16. Dezember 1990 mit mehr als 67 Prozent der Stimmen zum Präsidenten gewählt worden. Es war eine Zäsur in der Geschichte Haitis. Nach der Herrschaft blutrünstiger Diktatoren, die das Land gnadenlos ausgeplündert und immer nur in die eigene Tasche gewirtschaftet hatten, versprach sich das Volk vom schmächtigen Salesianerpater so etwas wie blühende Landschaften.

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Das Bild der Mutter PDF Drucken

Thomas Schmid, Berliner Zeitung, 13.11.2010



Ein jüdischer Junge überlebt den Krieg im Versteck. Mit acht erfährt er, dass seine Eltern tot sind. Mit 69 will er wissen, wer sie waren.


Die Schrift ist trotz der Patina, die dem Stein eine moosgrüne Farbe verleiht, gut lesbar. "Hier ruht in Gott mein theurer Gatte, unser geliebter Vater Sigmund Sternau, geb. den 2. März 1847, gest. den 30. Oktober 1895. Friede seiner Asche". Daneben das Grab von Meta Sternau, geborene Lövenstein, geboren 1861, gestorben 1899. Vor der letzten Ruhestätte des Ehepaars auf dem jüdischen Friedhof von Berlin-Weißensee, steht ein Mann, das Haupt bedeckt mit einer Kippa. Mit den Füßen scharrt er das Gestrüpp beiseite, vielleicht, um die Gefühle zu verbergen, die ihn überwältigen. Schließlich beugt er sich vor, um mit einem angefeuchteten Taschentuch den Vogeldreck vom Grabstein zu entfernen. "Laisse ça, c'est la nature", sagt die Frau neben ihm leise. "Lass das, es ist die Natur." Der Mann legt Kieselsteine auf die Grabsteine. Es ist das Zeichen dafür, dass die Gräber noch besucht werden, dass die Toten nicht vergessen sind.

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Wer erschoss Roque Dalton? PDF Drucken

Thomas Schmid, Berliner Zeitung, 16.10.2010



Der bekannteste Schriftsteller El Salvadors wurde 1975 von der Guerilla hingerichtet. Sein Sohn fordert Aufklärung und die Entlassung eines der mutmaßlichen Mörder aus einem hohen Regierungsamt


Die Waffe der Kritik kann die Kritik der Waffen nicht ersetzen. So dozierte der deutsche Philosoph Karl Marx, und zu dieser Erkenntnis kam eines Tages auch Roque Dalton. Der größte Schriftsteller El Salvadors schrieb 18 Bände Gedichte und Prosa sowie einen einzigen Roman ("Armer kleiner Dichter, der ich war"), sein Leben aber beendete er als Guerillero. 1975, vier Tage vor seinem 40. Geburtstag, wurde er erschossen - von seinen eigenen Genossen.

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Schatten und Zweifel PDF Drucken

Thomas Schmid, Berliner Zeitung, 31.07.2010

Vor 30 Jahren forderte ein Bombenanschlag im Bahnhof von Bologna 85 Tote. Wer ihn verübt hat, ist trotz rechtskräftiger Urteile höchst umstritten

Es ist Ferienzeit. Am Hauptbahnhof von Bologna, einem der wichtigsten Verkehrsknotenpunkte Italiens, herrscht reges Treiben, als am Samstag, dem 2. August 1980, morgens um 10.25 Uhr, ein im Wartesaal zweiter Klasse abgestellter Koffer explodiert. 23 Kilogramm Sprengstoff. Ein Flügel des Bahnhofsgebäudes stürzt über dem Ancona-Chiasso-Express auf Gleis 1 und einem Taxiparkplatz zusammen. 85 Tote und 200 Verletzte werden gezählt. Ärzte und Krankenschwestern eilen aus dem Urlaub zu Hilfe. Ein öffentlicher Bus wird für den Transport der Leichen eingesetzt. Staatspräsident Sandro Pertini fliegt umgehend im Hubschrauber an den Ort der Katastrophe und besucht die Verwundeten in den Krankenhäusern. 30 Jahre nach dem blutigsten Attentat der italienischen Nachkriegsgeschichte wird am Montag ganz Italien erneut der Toten gedenken.

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Gründonnerstag in Caracas PDF Drucken

Thomas Schmid, Berliner Zeitung, 17.04.2010

Mit einer Revolte in Venezuela begann vor 200 Jahren der Kampf um ein freies Lateinamerika


Es war Gründonnerstag, der 19. April 1810, und der Gouverneur von Caracas, Feldmarschall Vicente de Amparan, hatte um sieben Uhr früh vor der Kathedrale den Stadtrat versammelt. Wie es die Sitte erforderte, wollte man gemeinsam der Heiligen Messe beiwohnen. Doch da kam ein Bote an und raunte dem Gouverneur zu, er werde im Rathaus erwartet, es sei dringend. Amparan schritt also über den großen Platz, auf dem schon außergewöhnlich viel Menschen aufgeregt diskutierten, zurück Richtung Rathaus.

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Der Blick in die Welt, Thomas Schmid