In Syrien werden ihm alle erdenklichen Grausamkeiten zugetraut. Maher al-Assad, der jüngere Bruder des Präsidenten, kommandiert die 10000 Mann starken Republikanischen Garden und die 20000 Soldaten der gefürchteten Vierten Panzerdivision, die beiden Eliteeinheiten des Regimes. Und er koordiniert die berüchtigten irregulären Schabiha-Milizen.
Hat der 45-jährige Maher die Giftgasangriffe angeordnet? Dies behauptete als Erster am Wochenende der israelische Fernsehsender Channel 2. Dies schrieb ebenfalls am Wochenende die saudische Zeitung Al-Scharq mit Berufung auf die Freie Syrische Armee. Und dies behauptete am Mittwoch nun auch die amerikanische Nachrichtengruppe Bloomberg, die es von einem UN-Beamten erfahren haben will. Sollte es stimmen, stellt sich die Frage, ob Maher eigenmächtig gehandelt hat.
Nachdem Basil, sein ältester Bruder, 1994 bei einem Autounfall ums Leben kam, wurde Maher als Kronprinz gehandelt. Doch als der langjährige syrische Diktator Hafez al-Assad, Vater der beiden, im Jahr 2000 starb, wurde Mahers zwei Jahre älterer Bruder Baschar aus London zurückgerufen.
Der Machtzirkel in Damaskus zog den damals noch schüchtern wirkenden Baschar dem Heißsporn Maher vor. Der soll 1999 im Streit seinem Schwager Assef Shawkat, dem späteren Chef des militärischen Geheimdienstes, in den Bauch geschossen haben. Einen schlechten Ruf hat Maher auch in der Geschäftswelt. Zusammen mit seinem Cousin Rami Makhlouf, der sich bei der Privatisierung von Staatskonzernen große Teile der Wirtschaft unter den Nagel riss, eröffnete er im Libanon dubiose Firmen und verdiente sich mit Geldwäsche eine goldene Nase.
Auf Youtube kursieren Filmchen, die angeblich Maher zeigen, wie er mit seinem Handy verstümmelte Gefangene fotografiert, und wie er eigenhändig auf friedliche Demonstranten feuert. Der EU-Ministerrat hat vor zwei Jahren gegen ihn ein Einreiseverbot verhängt und sein Vermögen sperren lassen.
Oppositionelle Kreise behaupten, Maher habe beim Bombenattentat im Juli 2012, bei dem neben dem Verteidigungsminister auch sein Schwager Assef getötet wurde, ein Bein verloren. Fotos, die das Gegenteil beweisen, gibt es nicht.
©Berliner Zeitung
Thomas Schmid, Berliner Zeitung, 30.08.2013