TAOUFIK BEN BRIK – Provokateur mit scharfer Zunge

Er ist das Enfant terrible unter den Kulturschaffenden Tunesiens, und er war der Intimfeind des nach Saudi-Arabien geflüchteten Ex-Präsidenten Zine el Abidine Ben Ali. Nun will Taoufik Ben Brik selbst Präsident seines Landes werden. Nach dem Menschenrechtler Moncef Marzouki, der aus dem Pariser Exil zurückgekehrt ist, ist der 50-jährige Schriftsteller und Journalist der Zweite, der seine Kandidatur für die kommenden Wahlen angekündigt hat.

Ben Brik war immer ein scharfzüngiger Kritiker der tunesischen Diktatur. Es ist nicht sein erster Versuch, Präsident zu werden. Schon bei den Präsidentschaftswahlen im Jahr 2004 reichte er seine Kandidatur ein. Damals unterschrieben Günter Grass, Werner Herzog, Gabriel García Mßrquez, Bob Dylan, Woody Allen und viele andere Künstler einen öffentlichen Appell zu seiner Unterstützung. Es war ein Gag, ein Protest gegen die Farce des Regimes. Ben Ali gönnte sich 94 Prozent der Stimmen.

Doch Ben Brik gab nicht auf. Bei den Präsidentschaftswahlen 2009 wollte er wieder kandidieren. Diesmal führte die Liste seiner Unterstützer der bekannteste Tunesier überhaupt an: der „scheidende Präsident, seine Exzellenz Zine el Abidine Ben Ali“. Dessen Unterschrift hatte der freche Journalist eigenhändig unter den Aufruf „Wählt Ben Brik!“ gesetzt. Doch der Diktator, der sich diesmal nur noch 89 Prozent der Stimmen genehmigte, verstand keinen Spaß. Er ließ den unbotmäßigen Autor für sechs Monate ins Gefängnis werfen. Ein Richter verurteilte ihn, weil er das Auto einer Frau angefahren und diese danach sexuell belästigt haben soll. Amnesty International hingegen geht davon aus, dass die Frau, eine Polizistin, den Unfall mit Absicht herbeiführte. Wochenlang wusste Ben Briks Ehefrau nicht, in welchem Gefängnis ihr Mann saß und ob er überhaupt noch lebte. Klarheit schaffte er schließlich selbst. Es gelang ihm, ein Lebenszeichen, sein Gedicht „Der Poet und der Tyrann“, herauszuschmuggeln.

Ben Brik, der für die französische katholische Tageszeitung La Croix aus Tunis berichtete, aber auch für den renommierten Nouvel Observateur schrieb, fühlte sich in der Rolle des Provokateurs immer wohler als in jener des Opfers. Eines seiner Bücher trägt den trotzigen Titel „Ich werde nie abhauen“, ein anderes den sarkastischen „Eine so süße Diktatur“, und ein drittes den prophetischen „Ben Brik Präsident“.

© Berliner Zeitung

Thomas Schmid, 21.01.2011

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