Heimatbilder |
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Thomas Schmid, Berliner Zeitung, 13.10.2011
Vor den Schweizer Nationalratswahlen
machen die Rechtspopulisten mobil gegen Einwanderer. In einem kleinen
Dorf aber werden sie als Nachbarn aufgenommen – und eingebürgert.
Saftige Wiesen, fette Kühe, sanfte Hügellandschaft. Klischee und
Realität stimmen überein. Das Appenzell, im Osten der Schweiz gelegen,
in Deutschland vor allem wegen seines Hartkäses bekannt, ist ein Ort der
Harmonie. Hier scheinen die Uhren langsamer zu ticken als anderswo, und
den Appenzellern eilt der Ruf voraus, etwas langsamer zu begreifen als
andere Menschen, hinterwäldlerisch zu sein. Nicht ganz zu unrecht.
Immerhin haben sie als letzte Eidgenossen den Frauen das Wahlrecht
zugebilligt, im Jahr 1989 war das.
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Viel Provinz und wenig Geld |
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Thomas Schmid, Berliner Zeitung, 18.05.2011
Die griechische Depression hat sich längst von Athen aus bis in
den letzten Winkel des Landes ausgebreitet. In Kozani schließen die
Zechen, in Naoussa hoffen sie auf Alexander den Großen
KOZANI/NAOUSSA. Die Kundschaft wurde weniger. Eines Tages
konnte Dimitris die Miete nicht mehr zahlen. Schließlich räumte er
seinen Jeans-Laden, nach nur zwei Jahren. "Wäre ich bloß in Deutschland
geblieben", ärgert sich der Grieche, der in Gelsenkirchen Früchte und
Gemüse verkaufte, "wir lebten nicht schlecht, aber meine Frau wollte
zurück." Nun verbringt er seine Tage auf dem Hauptplatz von Kozani und
schlürft kalten Kaffee. Wie Kostas, mit dem Dimitris einst die Schulbank
gedrückt hat. Der hat sein Restaurant vor einer Woche dichtgemacht:
"Meine Stammgäste aßen immer häufiger selbst am Sonntag lieber zu
Hause." Und Orestis, der zwanzig Jahre als Typograf in einer Klitsche
arbeitete, die zu Jahresbeginn Insolvenz anmeldete, sagt nur: "Mein
Leben ist zu Ende. Mit 45 kriege ich doch nirgends mehr einen Job. Was
aus den drei Kindern einmal werden soll, weiß ich nicht. Wahrscheinlich
werden sie auswandern."
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Flieger, grüß mir die Sonne |
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Thomas Schmid, Berliner Zeitung, 14.05.2011
Psychiater, Abenteurer, Visionär - der Schweizer Bertrand
Piccard schickt sein Solarflugzeug auf eine Reise in die Zukunft. Erste
Station ist Brüssel
PAYERNE. Langer, schlanker Rumpf, zarte, zerbrechliche Flügel,
federleicht. Wie eine riesige Libelle steht die silbergraue "Solar
Impulse" in einem Hangar bei Payerne, der wichtigsten Basis der
Schweizer Luftwaffe. Und vor dem Flugzeug, das mit einer Spannweite von
63,4 Metern so ausgreifend wie ein Airbus A-340 ist, hält der Mann eine
Rede, der als erster ohne Kerosin, nur mit der Energie, die die Sonne so
reichlich spendet, die Erde umrunden will: Bertrand Piccard.
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Allein unter Ladys |
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Thomas Schmid, Berliner Zeitung, 19.02.2011
Der Schweizer Unternehmer René Mägli stellt in seiner Reederei
ausschließlich Frauen ein. Er habe keine Mission, sagt er. Es gehe ihm
nur um den Profit
BASEL. Den Rahmen steckt er gleich zu Beginn des Gesprächs ab.
"Aus meinem Privatleben werde ich Ihnen nichts erzählen", sagt René
Mägli entschieden, aber in durchaus freundlichem Ton, "für eine
Homestory bin ich nicht zu haben, da sind Sie an der falschen Adresse."
Einladungen zu Talkshows lehnt der heiß begehrte Mann grundsätzlich ab.
Man kann sich Mägli, der seine Worte sorgfältig abwägt und geduldig
zuhören kann, in einer Fernsehrunde, wo jeder jedem ins Wort fällt, in
der Tat schlecht vorstellen. Auch für Konferenzen wird er oft angefragt.
"Das schlage ich immer aus", sagt er trocken, "mein Job ist ein
anderer, ich bin Geschäftsführer."
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Spiel ohne Grenzen |
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Thomas Schmid, Berliner Zeitung, 11.01.2011
Kriegsreporter ist ein gefährlicher Beruf. In einem Kursus bei
der Bundeswehr lernen Journalisten, sich im Kampfgebiet zu bewegen - ein
Selbstversuch
HAMMELBURG. Im Kriegsgebiet soll man als Journalist nie alleine
unterwegs sein. Das ist eine eiserne Regel. Zu viert also - ein
Kameramann, eine Reporterin der Deutschen Welle, ein freischaffender
Journalist und ich - fahren wir im Kleinbus über den holprigen Weg durch
den Wald. Es ist kalt. Weithin keine Seele in dieser Einöde. Da
versperren plötzlich aufgeschichtete Äste die Weiterfahrt. Wir schauen
uns an. Zum Wenden ist es bereits zu spät. Maskierte Männer reißen die
Tür auf, fuchteln mit Kalaschnikows, stoßen uns auf den Weg, schreien
uns auf Englisch an: "Los! Los!", "Auf die Knie!", "Hände hinter den
Kopf!"In jedem zweiten Satz, den sie bellen, kommt das Wort "fucking"
vor. Unter sich sprechen sie russisch.
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