Kleiner Gefallen - großer Schaden |
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Thomas Schmid, Berliner Zeitung, 10.05.2010
Weil in Griechenland fast jeder jeden schmiert, entgehen dem
Staat Steuern in Milliardenhöhe
ATHEN. Vor zehn Jahren war alles wunderbar. Das Geschäft
boomte. "Einem Richter baute ich ein Haus - es war die Mitgift für seine
Tochter - für 600 000 Euro", erzählt Petros Villegas, der sich mit
gutem Grund anders nennt, als er heißt, "und das Ferienhaus für den
Kapitän der Marine war noch etwas teurer." Beide Häuser stehen in
Kifissia, dem nobelsten Vorort von Athen, wo Platanen und Pinien
Schatten spenden und die neureiche Schickeria in Edelboutiquen einkauft.
Der Richter und der Kapitän verdienten beide monatlich rund 2 000 Euro.
Für den Bauingenieur besteht kein Zweifel, dass er Schwarzgelder
verbaut hat. Über zwei Millionen Häuser stehen in Griechenland, die
illegal errichtet wurden. "Heute ist das schwieriger geworden", sagt
Villegas, "und deshalb flüchtet das Geld ins Ausland, vor allem nach
Zypern."
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Abgebranntes Land |
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Thomas Schmid, 06.05.2010
GRIECHENLAND-KRISE - Mit einem Generalstreik wehren sich die
Griechen gegen die dramatischen Kürzungen. Die Proteste eskalieren, drei
Menschen sterben. Ökonomen warnen vor den Gefahren des
Sanierungskurses.
ATHEN. Zumindest an diesem Mittwoch scheint er der mächtigste
Mann Griechenlands zu sein. Yiannis Panagopoulos sitzt in seinem
Chefsessel. Er ist völlig ruhig, während Funktionäre herumwieseln,
Telefone klingeln, Akten gereicht werden und der Lärm von Sprechchören
in sein Büro dringt. Von seinem Balkon aus sieht man Tausende Menschen
zum Sitz der GSEE strömen. Die GSEE ist der Dachverband der griechischen
Gewerkschaften, und Panagopoulos ist ihr Boss. Seit Mitternacht
streiken die Fluglotsen. In Piräus, der Hafenstadt bei Athen, liegen die
Fähren zur griechischen Inselwelt vor Anker. In der Hauptstadt sind ab
zehn Uhr die Zugänge zur U-Bahn zugesperrt. Die Taxi-Chauffeure sind für
sechs Stunden in Streik getreten. Seit Dienstag schon sind staatliche
Ämter geschlossen, Lehrer und Steuereintreiber im Ausstand, die Ärzte
versehen nur einen Notdienst. Er wird diese Nacht mehr als üblich
gebraucht werden. Mit Verletzten wird gerechnet. Noch kann Panagopoulos
nicht wissen, dass der Generalstreik Menschenleben kosten wird. Drei
Menschen verbrennen in einer von Randalierern angezündeten Bankfiliale.
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Du sollst dich nicht erwischen lassen |
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Thomas Schmid, Berliner Zeitung, 22.01.2010
In Athen
schimpfen alle über Korruption und Klientelwirtschaft. Die neue
Regierung verspricht Änderungen und riskiert damit einen heißen Frühling
ATHEN.
Es ist schwierig, jemanden zu finden, der reden will. Alle sind
misstrauisch. "Nennen Sie mich Kostas", sagt schließlich Kostas, der
anders heißt, und bittet ins Hinterzimmer seines Geschäfts im Zentrum
von Athen, wo er sich auf ein durchgesessenes Sofa fallen lässt. Das
Büro ist vollgestopft mit leeren Kartons. Auf dem Tisch stapeln sich
Lieferscheine, leere Bestellformulare, auch einige Rechnungen. Über dem
alten Computer hängt eine Ikone: Die Muttergottes vergießt eine Träne.
Sie scheint mitzuleiden. "Es geht uns schlecht", klagt Kostas, "und es
wird noch schlimmer werden, man will uns an den Kragen. Ausgerechnet
jetzt, wo das Geschäft schlechter läuft als je." Er sagt es in recht
gutem Deutsch mit schwäbischem Akzent. Zehn Jahre hat der 59-jährige
Kostas bei Daimler gearbeitet. Vor 25 Jahren ist er in seine Heimat
zurückkehrt, um das Geschäft seines Vaters zu übernehmen. Während er im
Hinterzimmer jammert, wartet vorne im Laden seine Frau zwischen Töpfen,
Pfannen, Gläsern, Vasen und Staubsaugern auf Kunden.
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