Willkommen in Hackerville |
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Thomas Schmid, Berliner Zeitung, 15.02.2013
Die rumänische Provinzstadt Râmnicu Vâlcea gilt als
Zentrum des Internet-Betrugs. Die Cyberkriminellen
sorgen im Ort für einen neuen Reichtum.
RÂMNICU VÂLCEA. Es
ist eine friedliche Landschaft, durchzogen von sanft
geschwungenen Hügeln. Vor den Toren stattlicher Bauernhäuser tummeln
sich Gänse. Ab und zu ruckelt ein Pferdefuhrwerk vorbei. Am Horizont
türmen sich schneebedeckte Berge. Râmnicu Vâlcea liegt am
Fuß der Karpaten, in Oltenien, der westlichen Walachei, zwei Autostunden
von Bukarest entfernt. Die Oltenen gelten in Rumänien als besonders
pfiffig. Viele lassen sich senkrecht beerdigen, heißt es, damit sie am
Tag der Wiederauferstehung der Toten die ersten sind, die nach oben
fahren, am Himmelstor anklopfen und von Petrus empfangen werden.
Vielleicht ist es dieser Bauernschläue geschuldet, dass Râmnicu
Vâlcea eine besondere Stadt ist, eine besonders reiche. Im Zentrum
stöß
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Der Staat als Beute |
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Thomas Schmid, Berliner Zeitung, 26.07.2012
Die Rumänen stimmen am Sonntag darüber ab, ob ihr Präsident
Traian Basescu wieder in sein Amt gesetzt wird. Premier
Victor Ponta hat ihn vor drei Wochen kaltgestellt. Seitdem
tobt ein Machtkampf, in dem demokratische Regeln nichts
mehr gelten.
BUKAREST. Selbst
die Hunde liegen träge in den Schatten der Hausmauern und dösen vor sich
hin. Über 200000 sollen es sein, sie streifen herrenlos durch die
Stadt, manchmal tauchen sie in Rudeln auf und werden gefährlich. Aber
nun haben auch sie kapituliert. Es sind 38 Grad Celsius in Bukarest,
die Sonne brennt erbarmungslos. Die Menschen stöhnen. Doch
einem kommt die Hitze wohl gelegen: Traian Basescu, dem vor drei
Wochen vom Parlament abgesetzten Staatspräsidenten. Am Sonntag
entscheiden die Rumänen in einer Volksabstimmung, ob er wieder in sein
Amt gesetzt wird oder endgültig abtreten muss. Viele sind vor der
Hitze in die Berge geflüchtet oder ans Schwarze Meer, viele werden in
ihren kühlen Häusern bleiben und noch mehr haben ohnehin genug von
Politik und Politikern. Wenn weniger als die Hälfte der
Wahlberechtigten zu den Urnen geht, gilt das Referendum als
gescheitert. Basescu, einst Schiffskapitän der rumänischen
Handelsflotte, darf dann wieder ins Schloss Cotroceni ziehen, in die
Residenz des Präsidenten. Genau das strebt die Opposition an, deshalb
ruft sie zum Boykott des Referendums auf.
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In Stein gemeißelter Wahn |
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Thomas Schmid, Berliner Zeitung, 20.07.2010
Eine Hinterlassenschaft der kommunistischen Diktatur
ist heute
die größte Touristenattraktion von Bukarest
BUKAREST. Atemberaubend, schwindelerregend, gigantisch,
monströs - es gibt kein Adjektiv, das den Dimensionen dieses steinernen
Ungetüms im Zentrum von Bukarest auch nur entfernt gerecht würde. Der
Palast zeugt vom Wahn des Diktators, von seiner Selbstverliebtheit und
seiner Unersättlichkeit. Die Rumänen froren und hungerten, die
Raumtemperatur durfte zwölf Grad nicht übersteigen, für Milch stand man
stundenlang an. Da baute Nicolae Ceausescu - "Titan der Titanen", "Genie
der Karpaten", "Schatzkammer der Weisheit", wie ihn seine Hofschranzen
nannten - sein "Haus des Volkes", den heutigen Parlamentspalast.
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Das Erbe der Diktatoren |
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Thomas Schmid, Berliner Zeitung, 10./11.04.2010
Ein Ex-Fußballer im Hungerstreik, ein abgesetzter Staatsanwalt,
ein entlassener Institutschef und ein Museumsleiter kämpfen für die
Aufarbeitung der Geschichte Rumäniens. Ein schwieriges Unternehmen
In einer kleinen Straße im Zentrum von Bukarest, versteckt
zwischen grauen Häusern und Plattenbauten, steht eine alte Villa, gebaut
um die vorletzte Jahrhundertwende. Von außen ist es ein unscheinbares
Gebäude. Doch in der großen Eingangshalle künden Marmor, Glasfresken und
Holztäfelung vom Reichtum des einstigen Besitzers, eines
Privatbankiers, dem das Haus als Bordell für betuchte Kunden diente. Die
Kommunisten verboten Prostitution wie Privatbanken und nahmen das
Gebäude in Beschlag, und nun, 20 Jahre nachdem die kommunistische Partei
abdanken musste, sitzt im Chefsessel hinter dem alten Schreibtisch ein
hagerer Mann mit grauem, eingefallenem Gesicht. Er zieht seine ärmellose
gepolsterte Jacke, den darunterliegenden schwarzen Pullover und das
Hemd hoch und zeigt seinen ausgemergelten Oberkörper. Teodor Maries ist -
nach eigenen Angaben - seit 70 Tagen im Hungerstreik, wiegt trotz
seiner beachtlichen Körpergröße von 1,85 Meter noch 55 Kilo und hat eine
Körpertemperatur um die 35 Grad.
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