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Eingeklemmt zwischen Mauer und Grenze PDF Drucken

Thomas Schmid, WOZ, 01.06.2017


Nach dem Bau eines Sicherheitszauns leben Zehntausende Palästinenser in der sogenannten Saumzone – zwar im besetzten Westjordanland, aber auf der Israel zugewandten Seite der Grenzanlage


Von ihrem Arbeitsplatz zur Küste sind es in Luftlinie nur zwölf Kilometer. Doch Summer Ayub hat das Meer noch nie gesehen. Die 40-jährige Lehrerin unterrichtet in Arab ar-Ramadin al-Janubi, einem Dörfchen mit knapp 300 Einwohnern im besetzten Westjordanland.  Am Horizont erkennt man die Skyline der Wolkenkratzer von Tel Aviv. Hier aber leben die Menschen in armseligen Unterkünften, eher Hütten als Häuser, die meisten aus Holz gebaut, nur wenige haben Mauerwerk. Auch das Dach der Schule ist aus Holz, der Boden gestampfte Erde, darüber ein grüner Kunstteppich. Hier darf eigentlich überhaupt nicht gebaut werden ohne Bewilligung der israelischen Besatzungsbehörde. Denn das Dorf gehört – wie 60 Prozent des Westjordanlands – zu den C-Gebieten, das sind jene Gebiete, die vollständig unter israelischer Zivil- und Sicherheitsverwaltung stehen.

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Die Gänsefüßchenrepublik im Kaukasus PDF Drucken

Thomas Schmid, Berliner Zeitung 13.05.2015


Die Armenier in Bergkarabach, das zu Aserbaidschan gehört, suchen nach Anerkennung ihrer Unabhängigkeit


Es ist eine atemberaubende Landschaft von wilder Schönheit. Durch eine Hochsteppe, vorbei an zerklüfteten Felsen windet sich die Straße zum verschneiten Pass hoch. Auf der andern Seite schlängelt sie sich verspielt hinunter, um hinter dem Berg zu verschwinden. Eine Schafherde trottet durch das karg bewachsene, steinige Feld. Hoch oben in den Lüften zieht ein Raubvogel seine Kreise. Es herrscht eine himmlische Ruhe. Nach sechs Stunden Fahrt hält der Kleinbus, der in Eriwan, der Hauptstadt Armeniens, gestartet ist, mitten in den Bergen vor zwei Fahnenstangen und einem kleinen Häuschen. Es ist die Grenze zu Bergkarabach, einer unabhängigen Republik, die von keinem Staat der Welt anerkannt wird, einer Gänsefüßchenrepublik also. In der Hauptstadt Stepanakert wird man am Freitag in einer offiziellen Feier des Genozids an den Armeniern gedenken, der vor hundert Jahren seinen Anfang nahm. In Bergkarabach wohnen heute ausschließlich Armenier. Das war nicht immer so.

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Zwischen Mosesberg und Ararat PDF Drucken

Thomas Schmid, Frankfiurter Rundschau, 20.04.2015


Der Kaukasusstaat Armenien gedenkt des hundertsten Jahrestags des Beginns des Völkermords, dem über eine Million Menschen zum Opfer fielen.


Löcher in den Straßen, Hausmauern, die den Putz freigeben, ein vom Rost angenagtes Auto, ein bis auf die Knochen abgemagerter Hund. Hier ist die Armut zuhause. Viele sind ihr entflohen, worauf die geschlossenen Fensterläden hindeuten. Vor einigen Häusern ist Holz gestapelt, noch kommen ja die Eisheiligen. Am Horizont, aber zum Greifen nah, leuchten die ewig verschneiten Gipfel des über 5.000 Meter hohen Ararats. Von Eriwan aus, der Hauptstadt der kleinen Kaukasus-Republik Armenien, erreicht man das unscheinbare Dorf in einer halben Stunde. Es liegt in der Ebene und heißt Musaler, zu deutsch: Mosesberg. Auf einer kleinen Anhöhe steht ein rostrotes Denkmal. Es stellt einen riesigen Adler dar. Der Vogel gilt in Armenien weithin als Symbol des Kampfgeistes. Weshalb das Dorf in der Ebene nach einem Berg benannt wird, erfährt man im kleinen Museum der Gedenkstätte.

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Ein Dorf öffnet seine Türen PDF Drucken

Thomas Schmid, Berliner Zeitung, 21.06.2014


Ein christliches Dorf im Irak nimmt unter dem Schutz kurdischer Soldaten muslimische Flüchtlinge auf.




ALQOSH. Es herrscht eine andächtige Stille. Man würde eine Nadel fallen hören. Dann fällt der Mann auf die Knie und beginnt zu singen, bald klagend, bald jubilierend. Es ist ein Jahrhunderte alter Psalm. Im Chorgestühl der kleinen Kirche des Heiligen Georg nehmen 15 Männer die Melodie auf, verstummen schon bald und werden von den Frauen abgelöst, die auf den hinteren Bänken Platz genommen haben. Vorne, am Altar, schwenkt ein Ministrant ein Weihrauchfass und nebelt die ganze Apsis ein. Alqosh, ein christliches Dorf im Norden des Irak, feiert Fronleichnam.

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Kampf ums Herz PDF Drucken

Thomas Schmid, Berliner Zeitung, 18.06.2014


Kurdische Peschmerga-Soldaten haben die Stadt Kirkuk im Norden des Irak besetzt. Sie wollen die Bevölkerung vor den Isis-Terroristen schützen, sagen sie. In Wahrheit aber geht es um Land und Öl.


KIRKUK. Es ist ein bizarres Bild. Unter der Brücke, im seichten Wasser des Flusses, steht ein Bettgestell, und darauf sitzt ein Offizier der irakischen Polizei, in Kampfuniform. Er lacht, hält sich den staatlichen Bauch mit beiden Händen und sagt völlig entspannt: „Vor zehn Minuten haben wir hier einen Mörserangriff überstanden.“ Vor ihm, am Ufer sitzen 30 Männer, zur Hälfte in dunkelblauer Polizeiuniform, zur andern Hälfte Peschmerga, Soldaten der kurdischen Miliz.

Wir stehen am Maschroual-Fluss, 20 Kilometer westlich von Kirkuk, einer Stadt mit über einer halben Million Einwohnern im irakischen Norden. Eigentlich ist es ein Kanal, angelegt unter dem Regime des von den Amerikanern 2003 gestürzten Diktators Saddam Hussein. Er bildet die Grenze zwischen dem Gebiet, das die Kurden beanspruchen, und jenem, das seit einer Woche die islamistische Terrortruppe Isis (Islamischer Staat im Irak und in Syrien) kontrolliert. Wir sind also an der Front, jedenfalls in der Nähe.

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Die Mühen der Ebene PDF Drucken
Thomas Schmid, Berliner Zeitung, 26.09.2013



Hunderttausende von Syrern sind mittlerweile in den Libanon geflohen, das kleine Land platzt aus allen Nähten. Viele Menschen fürchten die Konflikte, die daraus erwachsen - und manche einen neuen Bürgerkrieg.



ZAHLÉ/BEIRUT. Die Straße windet sich hoch durch Pinien- und Zedernwälder. Der Blick auf Beirut, den Hafen, die Küste und das offene Meer ist atemberaubend. Der Lärm und die ständig verstopften Straßen der libanesischen Hauptstadt sind schon bald nur noch ferne Erinnerung. Hier oben in den Dörfern des Libanon-Gebirges geht es gemächlich zu. Das Brot wird in althergebrachter Weise auf einem heißen Stein gebacken und Fladen für Fladen reichlich mit einer Paste aus frischem Oregano bestrichen. Stattliche Kirchen und weithin sichtbare Muttergottes-Statuen bezeugen, dass hier christliches Gebiet ist. Oben, vom Bergkamm aus, sieht man hinüber auf einen kahlen Gebirgszug, den Antilibanon. Auf dessen Höhen verläuft die Grenze zu Syrien. Und dahinter tobt der Krieg.
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Der Blick in die Welt, Thomas Schmid